Sehr geehrte Damen und Herren,
im Haushaltsplan 2020 ist es abzulesen: Weinstadt steuert auf finanziell schwierige Zeiten zu. Während wir im kommenden Jahr im Gesamtergebnis mit einer schwarzen Null noch mit einem „blauen Auge“ davonkommen, drohen für die Folgejahre Minus-Ergebnisse von über 2 Mio. €. Hauptursache für diese Schieflage sind die explodierenden Personalkosten, die mittlerweile 35 % der städtischen Ausgaben ausmachen. Für deren Steigerung um 3,87 Mio. € gegenüber dem Rechnungsergebnis 2018 auf nunmehr 24,1 Mio. € ist allein der Mehraufwand für die Kinderbetreuung mit mehr als 1 Mio. € verantwortlich sowie ständig neue Aufgabenzuweisungen von Bund und Land auf die Stadt. Solche Zusatzbelastungen kann die Stadt nicht alleine meistern und sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Hier braucht es dringend eine deutlich bessere Kommunalfinanzierung durch Bund und Land gemäß dem Konnexitäts-Prinzip „wer bestellt, muss auch bezahlen“. Kritisch beobachten wir ferner die um 6,4 Mio. € auf knapp 19 Mio. € ansteigende Verschuldung der Stadt im nächsten Jahr. Dafür werden jedoch in großem Umfang bleibende Werte für eine funktionierende städtische Infrastruktur geschaffen, allein mehr als 5 Mio. € werden so sinnvoll und nachhaltig in Schulen und Kitas investiert sowie eine weitere Million € in den dringend erforderlichen Ausbau des Breitbandnetzes. Für nicht akzeptabel halten wir jedoch die drohende Mehrverschuldung durch Zusatzkosten in Millionenhöhe für den Bürgerpark „Grüne Mitte“.
Dass die GOL trotz dieser schwierigen Haushaltslage kostenwirksame Haushaltsanträge stellt, liegt an der Menschheitsaufgabe Klimaschutz. Immer klarer wird, dass Deutschland seine selbstgesteckten Ziele zum Pariser Klimaabkommen krachend verfehlt. Wenn wir aber jetzt nicht schnell und entschlossen handeln, wird die Klimakrise zur Klimakatastrophe. Jetzt muss die öffentliche Hand vorangehen, die Stadt muss ihrer Vorbildfunktion gerecht werden! Deshalb halten wir unsere Anträge zur Energieeinsparung und zur Förderung des klimaschonenden Radverkehrs für gut begründet.
Nun zu den kommunalpolitischen Schwerpunkte der Grünen Offenen Liste:
Umwelt- und Klimaschutz sind zentrale kommunale Aufgaben!
Weinstadt hat sich im Kursbuch 2030 ein richtiges und wichtiges Ziel gesetzt: 50 % weniger CO2 bis 2030. Dass Weinstadt von diesem Ziel noch weit entfernt ist, lässt sich auch an unserer aktuellen Erfolgsquote beim European Energy Award ablesen: Während wir bei 56 % liegen, hat der Klimachampion Ravensburg bereits 86 von 100 Punkten erreicht und auch Waiblingen liegt schon über 80 Punkten. Um hier rasch voranzukommen, bietet sich an vorderster Stelle die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf die energie- und stromkostensparende LED Technik an. Die Umstellung wird gefördert und durch die 60-prozentige Stromkostenersparnis amortisiert sich die Maßnahme in kurzer Zeit, ist also ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Derzeit sind jedoch lediglich 35 % der Straßenleuchten auf LED umgerüstet und mit den im Haushaltsentwurf eingestellten Planmitteln würde es bei gleichbleibenden Umstellschritten bis zum Jahresende 2031 dauern, bis die restlichen 3.000 Leuchten umgerüstet sind. Wir meinen: So viel Zeit dürfen wir uns nicht lassen! Deshalb hat die GOL die Erhöhung des Planansatzes auf 350.000 € beantragt, denn mit solchen Schritten wäre die klimaschonende Umrüstung bereits in fünf Jahren abgeschlossen. Mit dieser Maßnahme alleine werden wir das selbstgesteckte Klimaschutzziel jedoch nicht erreichen. Daher benötigt Weinstadt dringend ein umfassendes Klimaschutzkonzept, wofür die GOL in Kürze einen Vorschlag ins Gremium einbringen wird. Nur wenn wir an allen verfügbaren Stellschrauben drehen, kann es gelingen, unseren Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen und so die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Beispiele dafür sind: Klimacheck für alle relevanten Gemeinderatsbeschlüsse, Baumpflanzungen, klimagerechte Mobilität, klimaneutrale Neubauten, Solaranlagenpflicht bei Neubauten sowie ein weit intensiveres Energiemanagement bei den städtischen Gebäuden. Das Erfolgsmodell der energiesparenden Nahwärmeversorgung durch unsere Stadtwerke sollte uns anspornen, auch andere Handlungsfelder so entschlossen anzugehen. Dazu erneuern wir auch unsere Forderung, im Rahmen der Neuorganisation der Stadtverwaltung die Stelle eines städtischen Klima- und Umweltbeauftragten einzurichten.
Bessere Mobilität durch Förderung von Rad- und Fußverkehr sowie ÖPNV
Zum Schutz des Klimas sollten wir uns das Ziel stecken, dass 40 % der innerstädtischen Wege zu Fuß, mit dem Rad, per ÖPNV oder mit abgasfreien Fahrzeugen zurückgelegt werden. Damit dies erreicht werden kann, braucht es attraktive, durchgängige und sichere Fuß- und Radwege in der Stadt. Deshalb beantragt die GOL 40.000 € zur Beleuchtung des Schulradwegs am Schweizerbach sowie 75.000 € für Anlehnbügel zum sicheren Abstellen von Fahrrädern am Schulzentrum. Wir unterstützen die Beauftragung des umfassenden Mobilitätskonzepts für Weinstadt als notwendige Planungsgrundlage für zielgerichtete und effektive Umsetzungsschritte hin zu einer bürger- und umweltfreundlicheren Mobilität in der Stadt. Vorrangig und schnell müssen dabei Ansatzpunkte zur verkehrlichen Entlastung des Ortskerns Endersbach untersucht werden, nur so kann die Strümpfelbacher Straße wirklich attraktiv umgestaltet werden. Keinen weiteren Aufschub duldet auch die Umsetzung des Radverkehrskonzept Endersbach I bis III. Bereits im Februar 2018 hat der Gemeinderat die Verwaltung mit der Kostenermittlung und Erstellung eines stufenweisen Umsetzungsvorschlags beauftragt, geschehen ist allerdings bisher nichts! Wichtig ist nun zunächst die Koordinierung mit den Radschnellweg-Planungen des Landkreises in diesem Abschnitt zur Optimierung der Streckenführung und zur Kosteneinsparung – die Förderzusage für den Radschnellweg liegt seit letzter Woche vor. Eine Entlastung beim Individualverkehr durch bessere Nutzung des ÖPNV wird es nur bei attraktiven Ticketpreisen und einer verlässlichen Mobilitätsgarantie geben. Die Chancen eines Weinstadt-Tickets wurden leider vom Gemeinderat nicht aufgegriffen. Wir sollten uns deshalb darauf konzentrieren, wie die Busverbindungen innerhalb und zwischen den Ortschaften verbessert werden können. Ein interessantes Beispiel dafür ist der „Römerle“-Rufbus, der die Wohngebiete in Rommelshausen im Stundentakt an das VVS-Netz anbindet. Mit gutem Beispiel geht auch der Stadtseniorenrat voran. Mit dem neuen Seniorenmobil können ältere Mitbürger*innen ihre Besorgungen selbstständig und ohne Auto sicher erledigen. Eine wichtige Daueraufgabe bleibt die Beseitigung der vom Weinstädter Arbeitskreis barrierefrei ermittelten Mängel. Daher prangert die GOL wie in den vergangenen Jahren den Skandal an, dass die Bahn AG bei der gemeingefährlichen Ein-und Ausstiegssituation an den Zughaltestellen Stetten-Beinstein und Beutelsbach auf Zeit spielt und nichts tut. Hier bitten wir die anderen Fraktionen um Unterstützung, lasst uns gemeinsam politisch Druck machen! Ferner erwartet die GOL von der Verwaltung nun die Erarbeitung eines Bewirtschaftungs- und Gebührenkonzepts für den öffentlichen Parkraum in unseren Ortsmitten gemäß unserem letztjährigen Haushaltsantrag. Die knappen Parkflächen müssen optimal genutzt und Fehlnutzungen durch Gebührendruck verringert werden, um die Wirtschaft zu fördern und so die Ortsmitten am Leben zu erhalten.
Natur- und Artenschutz schafft Leben in der Stadt!
Für das Insektensterben und die erschreckenden Vogelverluste sind auch die Kommunen verantwortlich, denn eine Hauptursache ist der Verlust an Lebensräumen durch immer mehr Siedlungsflächen. Mit den zur Gartenschau geschaffenen Blühflächen wurden wertvolle Lebensräume neu geschaffen. Um dies weiter auszubauen, beantragt die GOL die Begrünung einer Kreisverkehrsinsel mit mehrjährigen Blühstauden unter Teilnahme am Wettbewerb „Blühende Verkehrsinseln“, den das Landesverkehrsministerium ausgeschrieben hat. Dies könnte auch gemeinsam mit Bürger*innen und Naturschutzvereinen umgesetzt werden, deren Bereitschaft zum Engagement sich bei vielen Gartenschauprojekten eindrucksvoll gezeigt hat. Wertvolle Lebensräume können auch durch die Umwandlung großer Rasenflächen zu Blühwiesen geschaffen werden, etwa auf den Mühlwiesen oder im Bildungszentrumsareal. Interessant dabei ist, dass dadurch Kosten fürs Rasenmähen eingespart werden können. Als wirksame und ohne großen Kostenaufwand realisierbare Maßnahme schlägt die GOL außerdem die Einsaat städtischer Ackergrundstücke mit gebietseigenen Wildblumenmischungen vor, wie dies von der Nachbarkommune Kernen auf vier Hektar Fläche in Zusammenarbeit mit örtlichen Landwirten erfolgreich praktiziert wird.
Bezahlbaren Wohnraum schaffen und altersgerechte Wohnformen ermöglichen
Weinstadt tut etwas gegen die Wohnungsnot: In den Neubaugebieten Halde V und Furchgasse sowie in Zusammenhang mit den Projekten Energiezentrale Endersbach West und Kinderhaus Irisweg werden nahezu 300 Wohnungen neu gebaut. Wichtig ist, dass mit unserem „Handlungsprogramm Wohnen“ dabei auch 68 Sozialwohnungen mit Belegungsrechten für die Stadt neu entstehen. Diese Entwicklung gilt es weiterzuführen, etwa mit der Bebauung der „Deitwiesen“ in Beutelsbach. Dieses zentrumsnahe Gebiet mit guter Verkehrsanbindung bietet sich besonders auch für altersgerechte Wohnformen mit flexiblen, begleitenden Pflegeangeboten an. Dies wird vor dem Hintergrund des zunehmenden Pflegenotstands immer wichtiger. Dabei brauchen altersgerechte Wohnungen nicht nur einen barrierefreien Zugang, sondern alle Räume müssen mit Rollator oder Rollstuhl nutzbar sein. So, wie die Stadt derzeit den Bau von Sozialwohnungen mit der Quotenregelung fördert, sollte dies bei künftigen städtischen Wohnbauprojekten auch für altersgerechte Wohnungen gelten.
Solcher Wohnraum gehört in unsere Ortsmitten und deshalb sollten beim Sanierungsprogramm in Endersbach mutig die Chancen einer vertikalen Stadtentwicklung ergriffen werden, damit dort mit zusätzlichen Stockwerken und barrierefrei möglichst viele ältere Mitbürger*innen ein neues Zuhause finden können. Ehe neue Außenflächen besiedelt werden, müssen erst freie innerörtliche Flächen genutzt werden, was die Stadt in den Bereichen „In den Hauern“ und an der Brückenstraße nun angeht. Darüber hinaus gibt es in allen Ortsteilen Baulücken und Leerstände. Die GOL fordert, diese ungenutzten Potenziale zu erfassen und durch Beratung der Eigentümer auf eine Neu- oder Wiedernutzung hinzuwirken.
Mehr Pflegeplätze und flexible Pflegeangebote für ältere Mitbürger*innen
Im vorletzten Jahr hat der gemeinsam von Freien Wählern und GOL beantragte Arbeitsauftrag an die Stadtverwaltung Zustimmung gefunden, Standorte und Investoren für weitere Pflegeheime zu suchen. Mit der personellen Verstärkung im Sozialamt sollte es nun möglich sein, diesen Auftrag anzugehen. Als ein Standort dafür soll das Cabrio-Gelände in Endersbach untersucht werden, für dessen Entwicklung der Gemeinderat im kommenden Jahr Klarheit schaffen sollte.
Gute Kinderbetreuung weiter ausbauen und gerecht finanzieren
Weinstadt ist auf einem guten Weg mit bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Betreuungs-angeboten sowie dem Zubau an Betreuungsplätzen, wie aktuell mit dem Neubau des Kinderhauses am Irisweg. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass beste Bildung Qualität und Gerechtigkeit braucht. Deshalb wird die GOL bei der nächsten Satzungsüberarbeitung ihren Vorschlag für sozial gestaffelte, einkommensabhängige Kita-Gebühren nach dem Waiblinger Modell erneut einbringen.
Wirtschaftsbetrieben eine Perspektive geben und die Ortsmitten beleben
In Weinstadt besteht weiterhin dringender Bedarf, interessierten Betrieben von innen und außen Gewerbeflächen anbieten zu können und damit auch Arbeitsplätze in der Stadt zu schaffen. Daher verstärkt die GOL ihre seit Jahren bestehende Forderung und beantragt, die Entwicklung des optimal an Straße und Bahn angebundenen Gebiets „Metzgeräcker“ nunmehr entschlossen anzugehen. Wir sehen große Chancen darin, dies als Projekt im Rahmen der internationalen Bauausstellung 2027 mit innovativen Konzepten anzugehen. In klimaneutraler und ressourcenschonender Bauweise – etwa Stichwort Holzbau – könnte dort ein urbanes Gebiet neu entstehen, in dem die Funktionen Wohnen und Arbeiten wieder zusammengeführt werden. Die beschlossene Attraktivierung der Einkaufsstraße in Endersbach darf nicht als Stückwerk angegangen werden. Dort muss zunächst ein schlüssiges Verkehrskonzept entwickelt werden zur Verringerung des Durchgangsverkehrs. Die GOL hält dort das „shared-space“-Konzept für gut geeignet, bei dem sich Fußgänger, Radfahrer und der Kfz-Verkehr den Verkehrsraum gleichberechtigt teilen und so die Aufenthaltsqualität erheblich steigt. Angesichts der wachsenden Konkurrenz mit dem Internethandel werden solche „weichen“ Standortfaktoren künftig mit entscheiden, ob die Ortsmitten weiter angenommen und somit lebendig bleiben. Für die Ortsmitte von Großheppach gilt es, die bauliche Entwicklung des lange verwaist gebliebenen Blatt-Areals mit einer Umgestaltung des Prinz-Eugen-Platzes zu verbinden und so auch dort neues Leben reinzubringen.
Nach der Gartenschau ist vor der Gartenschau
Die Remstalgartenschau hat in Weinstadt großen Anklang gefunden und viele Bürger*innen zum Mitmachen motiviert. An der Rems und in Höhenlage wurden attraktive Wohlfühlörtlichkeiten geschaffen. Es drängt sich daher geradezu auf, diese Ressourcen zu nutzen und das kulturelle Leben in der Stadt mit ausgewählten Veranstaltungen zu bereichern in Kooperation mit örtlichen Vereinen, Wengertern und engagierten Bürger*innen.
Dank für gutes Miteinander
Zum Schluss möchte ich im Namen der GOL allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt-verwaltung für Ihre Arbeit im vergangenen Jahr und ihr herauszuhebende Engagement bei der Gartenschau danken. Unser Dank gilt ferner den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen verbunden mit dem Wunsch auf gute Zusammenarbeit, wozu wir besonders auch die neu gewählten Kolleg*innen einladen. Unsere ganz besondere Anerkennung haben sich die vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger verdient, die sich im Stadtseniorenrat und im Jugendgemeinderat, in Beiräten, bei den Hilfsdiensten, in den vielen Vereinen und Kirchen oder auch ganz individuell engagiert haben. Von Ihrem Einsatz lebt unser Gemeinwesen, herzlichen Dank dafür!
Dr. Manfred Siglinger