Volksbegehren Artenschutz – wichtiger Impuls mit handwerklichen Mängeln

Es ist vielfältig wissenschaftlich nachgewiesen und steht außer Frage, dass auch in Baden-Württemberg ein dramatischer Verlust an verschiedensten Tier- und Pflanzenarten erfolgt, wovon insbesondere Insekten und Vögel betroffen sind. Außerdem gibt es viele wissenschaftliche Belege dafür, dass die moderne Landwirtschaft durch den intensiven Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie die strukturelle Verarmung der Landschaft eine der Hauptursachen des Rückgangs der Artenvielfalt darstellt. Auch weil überhaupt noch nicht absehbar ist, wie diese Verarmung unserer natürlichen Umwelt in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten die Lebensgrundlagen der Menschheit beeinträchtigen wird, besteht dringlicher Handlungsbedarf. Daher begrüßt es die GOL ausdrücklich, dass Bürger*innen von ihrem demokratischen Recht des Bürgerentscheids Gebrauch gemacht und das Volksbegehren Artenschutz auf den Weg gebracht haben. Mit dem Volksbegehren Artenschutz besteht die Chance, dieses bisherige Randthema breit in der Öffentlichkeit zu verankern und für Handlungsdruck bei den politischen Entscheidungsträgern zu sorgen.

Die Umsetzung des geplanten Pestizidverbots in Schutzgebieten würde jedoch erhebliche Probleme verursachen, weshalb hier Handlungs-und Klärungsbedarf besteht. Von der Ausweitung des Pestizidverbots wäre rund ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Baden-Württemberg betroffen, und dies beträfe nicht nur chemisch-synthetische Wirkstoffe, sondern auch Mittel, die für die Öko-Landwirtschaft zugelassen sind. Konventioneller und ökologischer Landbau wären also vom Verbot betroffen, insbesondere der Anbau von Wein, Obst und Gemüse, der häufig in Landschaftsschutzgebieten stattfindet. Nach einer ersten Einschätzung des Umweltministeriums sind die im Volksbegehren enthaltenen Ausnahmeregelungen für den Pestizideinsatz nur mit großem Verwaltungsaufwand und Zeitverzug umsetzbar. Diese unpraktikablen Regelungen würden sich auch hemmend auf die gewünschte Steigerung der ökologisch bewirtschafteten Flächen auswirken. Wie vom Landesparteitag von Bündnis 90/ Die Grünen aktuell beschlossen gilt es deshalb, praxistaugliche Regelungen für den Pestizideinsatz in Schutzgebieten zu erarbeiten. Nach Auffassung der GOL muss auch künftig in Natur- und Landschaftsschutzgebieten sowohl ökologische wie auch naturverträgliche konventionelle Landwirtschaft möglich sein.

Manfred Siglinger
Stadtrat und Ökowengerter