GOL Gemeinderatsfraktion Rede zum Haushalt 2012 der Stadt Weinstadt
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger von Weinstadt,
der Haushaltsplan 2012 der Stadt verursacht zwiespältige Gefühle. Einerseits stehen wir trotz der erfreulich guten Konjunktur vor zwei schwierigen Finanzjahren 2012 und 2013, andererseits enthält der Haushaltsplan viele zukunftsträchtige und nachhaltige Maßnahmen und Projekte für die Weiterentwicklung unserer Stadt. Erfreulich ist, dass die Deckungslücke im laufenden Betrieb mit rund 1,8 Mio. € weit geringer ausfällt als zunächst angenommen. Hier wirkt sich die positive Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes aus. Vor allem aber profitiert Weinstadt von der familien- und kommunalfreundlichen Politik der neuen grün-roten Landesregierung, denn allein die höhere Landesbeteiligung an der Kleinkindbetreuung bringt uns Mehreinnahmen von 845.000 €. Relativ verhalten ist die Entwicklung bei der Gewerbesteuer, die in Weinstadt nur unterdurchschnittlich ausfällt.
Geprägt wird der Haushalt ferner durch hohe Kreditaufnahmen von rund 13,2 Mio. € in den nächsten beiden Jahren. Da diese Gelder durch den Bau von Kinderhäusern und der Ganztagesgrundschule vor allem zur Verbesserung der Betreuung und Bildung unserer Kinder ausgegeben werden, unterstützt die GOL dies als nachhaltig positiv wirkende Zukunftsinvestitionen. Allerdings steigt die Verschuldung damit auf einen Rekordstand von über 21 Mio. € im Jahr 2013, und wir geben unserem Kämmerer recht wenn er sagt, dass dies die Verhältnisse unserer Stadt übersteigt. Da aber auch mittelfristig, nach 2015, umfangreiche Erneuerungsmaßnahmen an Schulen, Gemeindehallen und anderen Gebäuden, beim Hochwasserschutz und z.B. bei der Feuerwehr anstehen, wird strikte Haushaltsdisziplin notwendig sein, damit die Verschuldung auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden kann.
Kommunalpolitische Schwerpunkte im Jahr 2012 sind für die GOL die Kinderhäuser in Benzach und Großheppach, der Start der Ganztagesgrundschule in Endersbach, die Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzepts für Weinstadt, lokale Schritte zur Energiewende von Windkraft über Passivhausbebauung bis hin zum „Jahrhundertprojekt“ Remstalwerk und schließlich auch die ressourcenschonende Entwicklung von Gewerbegebieten.
Um bei der angesprochenen hohen Kreditaufnahme dennoch eine Dämpfung des Schuldenanstiegs zu erreichen, beantragt die GOL eine moderate Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes um 10 Punkte – nach 7 Jahren ohne Erhöhung! Nachdem bereits ab 2010 die Grundsteuer B weit höher um 40 Hebesatzpunkte heraufgesetzt wurde, erscheint es angemessen, dass nun auch das Gewerbe einen kleinen Zusatzobulus von 2,7 % zur Haushaltskonsolidierung beisteuert. Denn schließlich sind z.B. Kitaplätze vor Ort auch ein Wettbewerbsvorteil für unsere Unternehmen und nützen ihren Mitarbeitern.
Nun zu Einzelpositionen des Haushaltsplans:
Die um rund 600.000 € steigenden Personalkosten beruhen hauptsächlich auf den ausgeweiteten Angeboten bei der Kinderbetreuung und der vom Land heraufgesetzten Mindestpersonalausstattung. Durch die stark erhöhte Landesförderung wird der städtische Haushalt unterm Strich dennoch ganz erheblich entlastet. Neu ist auch der lange von uns geforderte Wiedereinstieg des Landes in die Förderung der Schulsozialarbeit, die als präventive Maßnahme immer wichtiger wird für einen gelingenden Schulalltag. Es gilt dabei, Kinder und Jugendliche zu integrieren und ihnen Orientierung zu geben, wo das familiäre Umfeld Defizite aufweist. Auch hier hat die neue grün-rote Regierung ihr Wahlversprechen eingelöst. Mit dieser Unterstützung im Rücken ist es richtig, dass an der Silcherschule mit Beginn des Ganztagsbetriebs eine halbe Stelle neu eingerichtet wird und am Bildungszentrum künftig mit zwei Stellen die Schulsozialarbeit intensiviert werden kann. Die GOL unterstützt auch die Wiedereinrichtung einer halben Stelle im Haus der Jugendarbeit. Damit wird die personelle Basis bereitgestellt zur Umsetzung des neuen Arbeitskonzeptes. Das Jugendhaus muss wieder eine attraktive Anlaufstelle für breitere Bereiche unserer Jugendlichen werden und wir erwarten, dass der Gemeinderat regelmäßig über die Weiterentwicklung informiert wird.
Für das Profil von Weinstadt als familienfreundliche Kommune stellen der Bau des Kinderhauses in Benzach mit 20 U 3-Plätzen sowie die Planung eines viergruppigen Kinderhauses in Großheppach wichtige Eckpunkte dar. Mit diesen Maßnahmen erreichen wir die gesetzliche Vorgabe, ab 2013 jedem dritten Kind unter 3 Jahren einen Betreuungsplatz anzubieten. Wir sind der Auffassung, dass wir unabhängig vom gesetzlichen Auftrag damit dem Bedarf vieler junger Familien nach Tagesbetreuung nachkommen. Verlässliche Betreuung wird immer wichtiger bei der Entscheidung für Kinder, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Baukosten von jeweils rund 2 Mio. € stellen zwar hohe finanzielle Belastungen dar, doch bringen sie uns die Aussicht, dass junge Familien hier sesshaft bleiben können oder zu uns kommen, und so die Stadt gegen den allgemeinen Überalterungstrend lebendig halten. Außerdem wird die Stadt künftig bei den laufenden Kosten stark entlastet durch die Zusage des Landes, ab 2014 68 % der Betriebskosten zu übernehmen.
Pädagogisch interessant sind Waldkindergärten, die zudem aus Kostensicht für die Stadt sehr vorteilhaft sind. Da die Gruppe in Beutelsbach gut besucht ist und weiterer Bedarf besteht, regt die GOL an, für die Einrichtung eines Waldkindergartens in Großheppach zu werben und dafür ein Informationsblatt zu erstellen.
Verlässliche Betreuung muss sich auch im Grundschulbereich anschließen, wofür wir mit dem Betriebsstart der Silcherschule Endersbach als Ganztagesgrundschule im September 2012 den ersten Meilenstein setzen. Die diesjährige Baurate von gut 1,5 Mio. € ist der größte Einzelposten im städtischen Bauprogramm, jedoch ohne Zweifel gut und richtig angelegtes Geld. Denn mit dem Ganztagesbetrieb eröffnen sich zusätzliche Förderungsmöglichkeiten und erweiterte Lern- und Erlebnisangebote, die gerade auch schwächeren Schülern zugute kommen. Daher sollen nach und nach auch Grundschulen in anderen Ortsteilen für den Ganztagesbetrieb ausgebaut werden.
Zur einer familienfreundlichen Kommune gehört eine ausreichende Zahl gut über das Stadtgebiet verteilter Spielplätze. Angesichts der immer dichteren Bebauung sind diese grünen Freiräume wichtig für jung und alt. Wenig genutzte Spielplätze wollen wir als Grünflächen erhalten wissen, die ohne weiteres in späteren Jahren reaktiviert werden können, wenn mit dem Generationenwechsel in einem Wohngebiet dort junge Familien einziehen. Auch müssen die Plätze nicht immer mit vielen Geräten möbliert werden, oftmals sind kreative Spielangebote mit Wasser, Sand und Steinen viel interessanter. Schließlich sollten wir ehrenamtliches Engagement von Anliegern aufgreifen und unterstützen, wenn diese mit viel Eigenleistung einen Spielplatz wieder herrichten und somit die kommunale Infrastruktur kostengünstig aufwerten wollen, so wie aktuell an der Strümpfelbacher Straße Ecke Krokusweg.
Um Jugendliche für Kommunalpolitik und die vielfältigen Aktivitäten einer Stadt zu interessieren und sie an ein ehrenamtliches Engagement heranzuführen, wollen wir einen Jugendgemeinderat für Weinstadt. Informationsgespräche von Gemeinderäten aller Fraktionen in Schulklassen am Bildungszentrum sind dort auf erfreuliche Resonanz gestoßen, so dass wir gute Chancen sehen, Jugendliche dafür zu gewinnen.
Bei der freiwilligen Feuerwehr unterstützen wir die verstärkten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, damit die immer umfangreicheren Gerätschaften optimal zum Einsatz kommen können und die Kooperation zwischen den Ortswehren weiter gefördert wird. Zudem kann dies die Attraktivität des Feuerwehrdienstes bei jungen Frauen und Männern steigern und so die Gewinnung von Nachwuchs unterstützen. Im Frühjahr 2012 erwarten wir das neue Feuerwehrkonzept, wobei uns insbesondere die Möglichkeiten zu Effizienzsteigerungen durch den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Ortswehren kommen können und die Kooperation zwischen den Ortswehren weiter gefördert wird. Zudem kann dies die Attraktivität des Feuerwehrdienstes bei jungen Frauen und Männern steigern und so die Gewinnung von Nachwuchs unterstützen. Im Frühjahr 2012 erwarten wir das neue Feuerwehrkonzept, wobei uns insbesondere die Möglichkeiten zu Effizienzsteigerungen durch den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Ortswehren interessieren.
Generell kann die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements für den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens und gegen den Trend auseinanderdriftender Einzelinteressen nicht genug hervorgehoben werden. Besonders herausstreichen möchten wir aus Anlass seines diesjährigen 25-jährigen Jubiläums die erfolgreiche Integrationsarbeit des Ausländerbeirats über diesen langen Zeitraum. Beeindruckend ist auch, was der Stadtseniorenrat mit seiner Seniorenakademie auf die Beine stellt und wie er sich für die Belange der wachsenden Zahl älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger beharrlich einsetzt.
Im kulturellen Bereich knüpft der neu konzipierte Silcher-Preis an die Tradition des Chorgesangs in unserer Stadt an und führt diese mit neuen Akzenten fort. Geschichtsträchtig ist das 500 Jahre-Jubiläum des „Armen Konrad“, zu dem wir in Weinstadt über das Thema Musik und Wein hinaus auch auf die Inhalte dieser Bürgerbewegung eingehen sollten.
Seit Jahrhunderten prägt der Streuobstbau das Landschaftsbild und die Kultur im Remstal. Die traditionelle Bewirtschaftung der oft schwierigen Hanglagen ist heute nicht mehr wirtschaftlich auskömmlich und deshalb verbuschen viele Grundstücke. Aus Sicht der GOL muss sich die Stadt dieser Problemlage stellen, wenn uns an Werten wie Landschaftsbild, Naherholungs- und Tourismusförderung sowie dem Erhalt dieser Kulturlandschaft mit ihrer vielfältigen Fauna und Flora gelegen ist. Neben der Verbesserung der Bewirtschaftungsmöglichkeiten gilt es, neue Nutzungskonzepte wie Bioobstvermarktung, Beweidung, Nutzholz- und Energieholzerzeugung angepasst an die örtlichen Bedingungen zu entwickeln. Um die hoffnungsvollen Impulse von engagierten „Streuobstlern“ aus dem vergangenen Jahr aufzunehmen und zu unterstützen, beantragt die GOL, den Haushaltsmittelansatz zur Förderung der Streuobstwiesen von 20.000 € auf 28.000 € aufzustocken, so wie dies auch der Technische Ausschuss empfiehlt. Neben dem Ausbau der Haupterschließungswege im Gebiet „Rossberg“ soll damit vor allem ein konkretes Entwicklungskonzept für dieses Pilotgebiet finanziert werden.
Entsprechend der Anregung aus dem Gemeinderat hat die Stadtverwaltung für die Gebäudeunterhaltung in den nächsten Jahren mit im Schnitt rund 1,1 Mio. € pro Jahr deutlich mehr Mittel eingeplant. Dies dient dem Substanzerhalt und verbessert die Nutzungsmöglichkeiten der Gebäude. Wenn z.B. Gemeindehallen von Vereinen dann besser genutzt werden können, so ist dies auch eine Form der Vereinsförderung und somit ein Dank für deren ehrenamtliches Engagement in der Stadt.
Angesichts der erheblichen Sanierungsrückständige in Millionenhöhe beantragt die GOL, ursprünglich für das Jahr 2013 vorgesehene Dach-, Fenster- und Fassadensanierungen am Bildungszentrum im Gesamtumfang von 805.000 € entsprechend der Prioritätenaufstellung des Hochbauamtes vom 25.01.2012 bereits in diesem Jahr durchzuführen. Unbedingt erforderlich sind die Dachsanierungen bei der Werkrealschule und beim Gymnasium im Umfang von 330.000 €, damit alle Räume wieder uneingeschränkt nutzbar werden. Aber auch die frühere Sanierung von Fenstern und Fassaden für weitere 475.000 € macht jetzt Sinn, denn die einzusparenden Energiekosten decken den erhöhten Zinsaufwand weitgehend ab, und wir leisten darüber hinaus einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende.
Für nicht erforderlich und jetzt nicht sinnvoll halten wir dagegen die vorgesehene Erneuerung der Dachdeckung des Pavillons an der Grundschule Beutelsbach und beantragen, die dafür vorgesehenen 45.000 € aus dem Haushalt zu streichen. Nach Auskunft des Hochbauamtes ist das Dach dicht. Außerdem geht von den Asbestzementplatten im eingebauten Zustand keine Gesundheitsgefahr aus. Die Baumaßnahme sollte stattdessen in späteren Jahren im Zusammenhang mit der Generalsanierung der Grundschule und deren eventuelle Erweiterung
Zentrale Bedeutung hat für die GOL im Jahr 2012 der Start des Stadtentwicklungsprozesses zur Erstellung eines Stadtleitbildes für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Wir benötigen dringend ein Handlungskonzept mit Zielbeschreibung zur Steuerung der Gesamtentwicklung unserer Stadt, das gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle und ökologische Belange einbezieht. Denn immer wieder stellen wir bei Einzelprojekten fest, dass punktuell Entscheidungen getroffen werden müssen, ohne sich an einer übergreifenden Planung orientieren zu können. Das Stadtleitbild soll uns in die Lage versetzen, zielgerichtet auf Herausforderungen wie die immer stärkere Konkurrenz um Bevölkerung, Investoren und Arbeitsplätze, eine stadtverträgliche Mobilität oder auch der lokalen Energiewende reagieren zu können. Dabei kommt weichen Standortfaktoren wie Bildung und Betreuung sowie Wohn- und Freizeitqualität im Stadtumfeld eine zusehends größere Bedeutung zu. Ein solches Konzept kann nur gemeinsam mit den Bürgern entwickelt werden, von Anfang an müssen die unterschiedlichen Vorstellungen verschiedener Bevölkerungsgruppen einbezogen werden. Nur so kann eine weitreichende Akzeptanz und die Mitwirkung der Bürger bei künftigen städtischen Projekten erreicht werden. Als ebenso zwingend notwendig erachtet die GOL die Einrichtung einer Stabsstelle bei der Stadt zur Steuerung und Koordination des Stadtentwicklungsprozesses.
Aktuelle Fallbeispiele für den Bedarf an übergreifender und längerfristiger Planung sind die Radwegplanungen am Schweizerbach und in Großheppach. Bei der Radwegunterführung des Mittelanschlusses entlang des Schweizerbachs ist für die GOL die Zweckmäßigkeit fraglich; schwerer wiegt jedoch die ungeklärte Einbindung der geplanten Wegfortführung am Schweizerbach bis zur Rems in das Radwegenetz. Es liegt jetzt an der Stadtverwaltung, schlüssige Antworten auf diese Fragestellungen zu liefern. Auch in Großheppach bestehen ungeklärte Grundsatzfragen zur optimalen Führung des Rad- und Fußweges v.a. mit der Großheppacher Schwesternschaft, die erhebliche Kostenauswirkungen nach sich ziehen können. Deshalb beantragt die GOL für beide Maßnahmen einen Sperrvermerk. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen: Die Förderung der Fahrradnutzung im Alltag und in der Freizeit hat bei der GOL einen hohen und in Zukunft immer wichtigeren Stellenwert. Gerade deshalb legen wir aber Wert auf eine sinnvolle und bedarfsgerechte Gestaltung der Radwege.
Zur Sicherung und zur Schaffung weiterer ortsnaher Arbeitsplätze unterstützt die GOL die maßvolle Entwicklung von Gewerbeflächen. Priorität hat dabei die Revitalisierung des Birkel-Areals, wobei die offene Frage der Anbindungsmöglichkeiten an den überörtlichen Verkehr ohne zusätzliche Belastung der Birkelstraße und der Schorndorfer Straße energisch angegangen und zeitnah geklärt werden muss. Die Festlegungen zum Bebauungsplan sollten die konkreten Expansionspläne eines dort ansässigen Unternehmens berücksichtigen, denn die Förderung heimischer Betriebe hat für uns Vorrang vor dem ungewissen Erfolg von Neuansiedlungsbemühungen. In den Startlöchern steht auch das Gewerbegebiet Kreuzäcker in Großheppach mit dem Schließen der dortigen Bebauungslücke. Erinnert sei daran, dass die Verkehrserschließung des Gesamtgebietes einschließlich der Schlossäcker weitmöglichst direkt zur Grunbacher Straße hin erfolgen muss, da die Schlossstraße dafür nicht tauglich ist.
Weit stärker als in der Vergangenheit ist die Stadt bei der umwelt- und klimagerechten Nutzung und Erzeugung von Energie gefordert, denn nur mit einem wesentlichen Beitrag der Kommunen kann die Energiewende gelingen. Oberstes Gebot ist dabei das Einsparen von Energie, was das Klima und die Ressourcen gleichermaßen schont. Die größten Potenziale bieten sich dazu bei der Gebäudeheizung mit der Passivhausbauweise oder sogar mit Plusenergiehäusern. Längst gibt es auch in dieser Bauweise realisierte öffentliche Gebäude wie Kindergärten und Schulen. Da die energetische Sanierung bestehender Gebäude oft schwierig und kostenaufwändig ist, kommt es umso mehr darauf an, bei Neubauten alle Chancen zur Energieeinsparung zu nutzen. Deshalb ist es richtig, dass die Planung für das Kinderhaus Benzach nun energetisch optimiert wird, so wie dies die GOL von Anfang an gefordert hat. Positiv ist auch, dass die Planung für das Großheppacher Kinderhaus an ein Architekturbüro übertragen wurde, das auf diesem Feld nachweislich kompetent ist. Und schließlich sollten wir beim neuen Baugebiet Benzach V die seltene Chance nutzen, dass der Stadt alle dortigen Grundstücke gehören, und dort ein Passivhaus-Baugebiet ausweisen, so wie dies beispielsweise in Fellbach bereits realisiert ist. Denn nur mit Planungsrecht ist eine solche Festsetzung nicht machbar.
Ein weiterer großer Energiefresser ist die Straßenbeleuchtung, für die rund ein Drittel des städtischen Strombedarfs erforderlich ist. Erhebliche Energieeinsparungen bringt hier die Umrüstung auf LED-Technik, die auf unseren Anstoß hin im Jahr 2011 und mit einem weiteren Bauabschnitt in diesem Jahr angegangen wird. Wegen des hohen Investitionsbedarfs für die LED-Technik und der angespannten Haushaltslage dürfte es fraglich sein, ob die Gesamtumrüstung zügig weiter gehen kann. Die GOL beantragt deshalb zu prüfen, welche Vorteile sich aus der Übertragung der investiven Maßnahmen und des Betriebs der Straßenbeleuchtung auf die Stadtwerke und perspektivisch auch über eine Kooperation mit dem geplanten Remstalwerk ergeben könnten. Grundsätzlich sollte auch untersucht werden, ob die in manchen Stadtbereichen von den Anwohnern als zu hell empfundene Beleuchtung in der Nacht nicht „heruntergefahren“ werden könnte.
Im Haushalt der Stadtwerke sind 10.000 € für Standortuntersuchungen zur Windkraftnutzung eingestellt. Nachdem das Potenzial der Windkraft hier in Baden-Württemberg bislang stark vernachlässigt und sogar „verteufelt“ wurde, hat die neue Landesregierung die Weichen pro Windkraft umgestellt und wird den Kommunen die Planungshoheit dazu zurückgeben. Die bestmögliche Nutzung örtlicher Windpotenziale wird auch erforderlich sein, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, vom bundesweiten Schlusslicht in Sachen Windkraft aufzusteigen auf einen Windkraftanteil von 10 % an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2020. Wir sollten die aufwändigen Standortuntersuchungen zügig angehen, damit wir auf Augenhöhe mit den Nachbarkommunen über eventuelle Gemeinschaftsstandorte für Windräder verhandeln können, und damit wir die Bürger ohne Zeitdruck an Standortentscheidungen beteiligt können.
Und damit bin ich bei der eingangs als „Jahrhundertprojekt“ bezeichneten Absicht der Stadt, das Strom- und Gasnetz wieder in städtische Hand zu bekommen und zum Netzbetrieb gemeinsam mit den Nachbarkommunen Kernen, Remshalden, Winterbach und Urbach ein Remstalwerk zu gründen. Mit einem eigenen Regionalwerk bekommen wir mehr Kompetenz und Handlungsmöglichkeiten, um die Energiewende hier vor Ort aktiv mitgestalten zu können. Zudem bietet sich die Chance, dass mehr Wertschöpfung aus dem Energiesektor bei der Stadt und ihren Bürgern verbleibt, denn außer der Konzessionsabgabe können auch der Netzbetrieb und der Vertrieb von Strom und Gas Geld einbringen. Durch die Umstellung auf die regenerativen Energien Windkraft, Sonne, Biomasse und Wasserkraft sowie die Kraft-Wärme-Kopplung wird die Energieversorgung künftig weit stärker dezentral geprägt sein. Dies erfordert einen wesentlichen Ausbau der örtlichen Verteilnetze. Mit einem eigenen Regionalwerk kann der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Verteilnetze unter einem Dach optimal aufeinander abgestimmt werden. Außerdem schafft ein Remstalwerk Arbeitsplätze und ist Steuerzahler vor Ort. Mit der Minderheitsbeteiligung eines erfahrenen Partners aus dem Energiesektor können dessen Erfahrungen vor allem in der Gründungsphase genutzt und die Geschäftsrisiken minimiert werden. Ebenso wichtig ist der GOL die breite Verankerung des Remstalwerks in der Bevölkerung. Wenn die Bürger sich mit ihrem Stadtwerk identifizieren und sich einbringen können, sehen wir auch in dem hart umkämpften Markt des Strom- und Gasvertriebs gute Chancen für das Remstalwerk als regionale Marke. Dies gilt insbesondere, wenn sich das Angebot des Remstalwerks durch den Verkauf von atomkraftfrei in der Region erzeugter regenerativer Energie von anderen Marktangeboten unterscheidet. Nach den Erfahrungen aus anderen Regionen sind viele Bürger zudem bereit, sich finanziell am Bau etwa von Windrädern zu beteiligen, was das Vorankommen der erneuerbaren Energien wesentlich beschleunigen kann. Da engagierte Bürger aus Weinstadt und den Umlandgemeinden sich dazu bereits in der Bürgerenergiegenossenschaft Remstal zusammengeschlossen haben, wollen wir dies unterstützen und Ihnen einen Weg zur Kooperation mit dem Remstalwerk eröffnen.
Abschließend möchte ich im Namen der GOL-Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr danken. Wir setzen auf ihr Engagement auch im begonnenen Jahr 2012 und bieten Ihnen dazu unsere verlässliche Unterstützung an.
Dr. Manfred Siglinger